Von der Dorfmusik zur Trachtenkapelle
Rückblick auf eine 175jährige wechselvolle Geschichte

Der Wittnauer Dorfschullehrer Franz Xaver Klingler gründet 1843 die nachweislich älteste „Ortsmusikkapelle“ im Hexental „nicht des Tanzes wegen“ sondern „zur Verschönerung der kirchlichen Feiern“, um die damals „schädliche Orgel zu ersetzen“.
Bereits 16 Musiker spielten 1853 in der Musikkapelle ausgestattet mit Instrumenten wie eine Trommel mit Bandolier, Türkische Beckenplatten und einem Schellenbaum, einem Violon und einer Ophikleide (Trompete mit drei Ventilen). Der Waldkircher Bürgermeister schenkt der Kapelle 1860 einen Bass (Offille) zum Dank dafür, dass es Hauptlehrer Klingler gelungen ist, in der „kleinen Gemeinde Wittnau eine recht gute Militärmusik herzustellen“. Die Dorfmusik wurde bei Kirchenfeiern ab 1861 entbehrlich, nachdem für die Wittnauer Pfarrkirche die alte Triberger Barockorgel aus Gütenbach angeschafft wurde.

2Nach dem Krieg 1870/71, hin- und hergerissen zwischen der kirchlichen und der weltlichen Obrigkeit, verloren die Musiker die Orientierung – die Ortsmusikkapelle erlebte eine Krise. Die Chronik zeigt 1892 das erste Foto mit einem Dutzend Musiker der Ortmusikkapelle Wittnau und ihrem Gründer Franz Xaver Klingler in der Mitte. Die Fahnenweihe wird 1906 gefeiert, nachdem sich die Musikanten dem 1899 gegründeten Militärverein angeschlossen hatten.

Zum Fortbestand der Ortsmusikkapelle rufen 1909 29 Mitglieder bei 20 Pfennig Monatsbeitrag den „Musikverein Wittnau“ ins Leben, um „die Musik und gesellige Unterhaltung zu pflegen“.
Die Musikkapelle wird 1914 bei ihrem ersten Auftritt ausserhalb von Wittnau beim 11. Verbandsmusikfest in Kirchzarten mit einem Ersten Preis ausgezeichnet.

Nach der Zwangspause durch den Ersten Weltkrieg gründete sich 1920 der Musikverein Wittnau wieder neu und ist für kirchliche und weltliche Anlässe im Dorf bald unverzichtbar. Zwischen den beiden Weltkriegen findet sich 1930 die „Sanitätskapelle Sölden/Wittnau“ zusammen, die aber nur für wenige Jahre Bestand hat.

Am Fronleichnamstag 1947 erklingt zum ersten Mal nach Kriegsende wieder die Musikkapelle in Wittnau.
Die Militärregierung gibt 1949 die Genehmigung zur Wiedergründung des Wittnauer Musikvereins. Unter dem Gründungsvorstand Josef Steiert folgt eine Phase intensiver Aufbauarbeit. Im Rahmen eines Bezirksmusikfestes wird 1953 das 110jährige Gründungsjubiläum und die Weihe der neuen Vereinsfahne gefeiert, wobei der Musikverein Horben die Patenschaft übernimmt.

3Die Musikkapelle begleitet 1955 den Wittnauer Radsportverein zum Besuch eines Festes in Wittnau im Aargau, woraus sich eine bleibende Kameradschaft zur dortigen „Musikgesellschaft“ entwickelt.
In einer einheitlichen neuen Uniformen treten die Musiker des Musikvereins 1964 auf. Das 125jährige Gründungsjubiläum wird 1968 als herausragendes Ereignis des Musikvereins gefeiert. Bundespräsident Heinemann zeichnet 1971 den Musikverein Wittnau für mehr als 100 Jahre kulturelle Arbeit im Dienste der Blasmusik mit der „Pro-Musica-Plakette“ aus. In der „Kurklinik Stöckenhöfe“ ertönt 1976 das erstes Konzert der Musikkapelle. Seit damals finden dort regelmäßig Konzerte des Musikvereins statt.
Die einheimische „Breisgauer Tracht“ löst 1982 die Uniform ab. Durch eine Umbenennung wird der „Musikverein und Trachtenkapelle Wittnau e.V.“ geboren.
1983 begründet ein erster Besuch der Trachtenkapelle in Saint André d’Apchon die heute enge Freundschaft der zwei Musikvereine und die später daraus erwachsene Partnerschaft der beiden Gemeinden.
Im Rahmen des Kreistrachtenfestes wird 1993 in Wittnau das 150jährige Gründungsjubiläum des Musikvereins für alle Beteiligten unvergesslich gefeiert.
Als Höhepunkt einer stetigen Weiterentwicklung der Kapelle mit vielen musikalischen Aktivitäten des Vereins wird die erste Studio-CD „Konzert auf Stöckenhöfe“ 1997 eingespielt.

112002 wird der lange gehegte Traum der Musiker Realität – der Musikverein mit seinen Musikern bezieht den eigenen maßgeschneiderten Probenraum im neuerbauten Vereinshaus.
2003 nimmt der Musikverein und die Trachtenkapelle als Auszeichnung des Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Erwin Teufel für mehr als 150jährige Tätigkeit im Dienste des Brauchtums und der Blasmusik die „Conradin-Kreutzer-Tafel“ entgegen.
2003 feiert der Musikverein in einem bescheidenen Rahmen sein 160jähriges Gründungsjubiläum.
Mit den Worten der Wiedergründungsversammlung von 1949 wünschen wir dem Musikverein und der Trachtenkapelle Wittnau „…ein festes Zusammenhalten des Vereins und seiner Musiker“ für eine gute und erfolgreiche Zukunft.

Im September 2004 feiert die Gemeinde Wittnau die 10-jährige Jumelage mit Saint Andé d’Apchon, der Musikverein kann bereits auf 20 Jahre Freundschaft zurückblicken. Der Präsident der „Société Musicale Saint André d´Apchon“ Jean Pierre Gilfaut überreicht uns einen Ginkgo-Baum als Gastgeschenk. Der junge Baum soll die wachsende Freundschaft zwischen den beiden Vereinen symbolisieren. Er erhält seinen Standort beim Vereinsheim.

2017 kehrt der Verein im Rahmen einer Satzungsreform zur früheren Bezeichnung „Musikverein Wittnau e.V.“ zurück, verzichtet also zukünftig auf den Zusatz „Trachtenkapelle“ im Vereinsnamen. Bei traditionellen Anlässen tritt die Kapelle aber weiterhin in der Breisgauer Tracht auf.

Zeittafel

1843
Gründung der Ortsmusikkapelle Wittnau durch Franz Xaver Klingler

1853
10 Jahre nach ihrer Gründung hat die Kapelle bereits 16 aktive Musiker

1899
Anschluss an den Militärverein

1906
Fahnenweihe

1909
29 Mitglieder rufen den „Musikverein Wittnau“ ins Leben

1914
Erster Auftritt der Kapelle außerhalb Wittnaus beim Verbandsmusikfest in Kirchzarten. Die Kapelle erhält den 1. Preis

1920
Neugründung des Musikvereins

1947
Am Fronleichnamstag spielt die Kapelle zum ersten Mal wieder nach Kriegsende

1949
Wiedergründung des Wittnauer Musikvereins unter Josef Steiert

1953
110jähriges Jubiläum, Weihe der neuen Vereinsfahne

1964
Neue Uniformen

1968
125jähriges Gründungsjubiläum

1971
Auszeichnung durch Bundespräsident Heinemann mit der „Pro-Musica-Plakette“

1982
Die „Breisgauer Tracht“ löst die bisherige Uniform ab. Gleichzeitig erfolgt die Umbenennung in „Musikverein und Trachtenkapelle Wittnau e.V.“

1983
Besuch in St. André d´Apchon und damit Beginn der Partnerschaft zwischen den beiden Musikvereinen und den Gemeinden

1993
Feier des 150jährigen Jubiläums

2002
Einzug ins neu erbaute Vereinshaus im Burgblick

2003
Auszeichnung mit der „Conradin-Kreutzer-Tafel“ durch Ministerpräsident Erwin Teufel

2017
Die Mitgliederversammlung beschließt im Rahmen einer Satzungsreform künftig auf den Zusatz „Trachtenkapelle“ im Vereinsnamen zu verzichten.

2018

Der Verein feiert sein 175-jähriges Bestehen